Öffentlicher Nahverkehr zwischen Darmstadt und dem Ostkreis – Straßenbahn contra Seilbahn

Die GRÜNEN Darmstadt-Dieburg begrüßen die Studienarbeit zu einer Seilbahnverbindung von Darmstadt nach Groß-Zimmern als wichtigen Diskussionsbeitrag. Wir stellen uns der Diskussion. Wir haben einen ersten Vergleich der beiden konkurrierenden Systeme Straßenbahn und Seilbahn vorgenommen. Am Ende sehen wir vor allem die Stärken einer Straßenbahn.

Die Seilbahn ist eine starke Punkt-zu-Punkt-Verbindung. Wenn es die richtigen Punkte sind.
Eine Seilbahn vom neuen Terminal 3 am Frankfurter Flughafen in die Frankfurter Innenstadt kann daher gut funktionieren. Die idealen Seilbahnstationen für die Fahrgäste der Ostkreisgemeinden wären die Zentren der Gemeinden: Groß-Zimmern Mitte, Gundernhausen Mitte, Roßdorf Rathaus und Darmstadt Luisenplatz. Was nützt aber eine Seilbahn, wenn sie stattdessen Punkte in Randlagen (Groß-Zimmern Realmarkt, Roßdorf an der Esso-Tankstelle, Darmstadt Lichtwiese) verbindet? Eine Straßenbahn kommt zwar auch nicht gut in die Zentren, kann aber wenigstens eine linienhafte Erschließung schaffen. (z..B. Haltestellen Jugendhof, Siedlung Bessunger Forsthaus, Gewerbegebiet Roßdorf, Roßdörfer Bahnhof etc.). Die Straßenbahn erschließt mehr Menschen auf direktem Weg. Die Seilbahn wird umgekehrt immer mehr Zubringerbusse brauchen als eine Straßenbahn.

Die Seilbahn kann wunderbar über den Wald fliegen.
Die Frage ist, wem nützt die Höhe der Seilbahn außer den Rehen? Das Problem der Straßenbahn ist nicht die Fahrt durch den Wald, denn dort liegt die alte Bahnstrecke. Das Problem der Straßenbahn sind die engen Gassen Roßdorfs und Groß-Zimmerns. Genau dort kommt die Seilbahn noch schlechter hin als eine Straßenbahn.

Die Seilbahnstrecke zwischen DA und Groß-Zimmern ist nicht kürzer als eine Straßenbahntrasse
2 Kilometer Seilbahn über den Rhein statt 5 Kilometer über die nächste Brücke – in einer solchen Situation würde die Seilbahn finanziell und in der Fahrzeit ihre Stärke ausspielen können. Weder Darmbach noch Erbsenbach sind solche Hindernisse. Deshalb sind die Strecken gleich lang. Deshalb werden die Kosten der beiden Systeme auch ähnlich hoch eingeschätzt.

10 Kilometer Seilbahn wäre eine der längsten Seilbahnen der Welt – mit einer Reisezeit wie mit einem Elektrofahrrad.
Die Seilbahn (Gondelsystem) kommt zwar oft, ist aber deutlich langsamer. Mit ca. Tempo 25 ist eine Fahrt von Groß-Zimmern zur Lichtwiese so schnell wie mit einem Elektrofahrrad. Der große Vorteil der Gondelseilbahn gegenüber der deutlich schnelleren Straßenbahn ist die fehlende Wartezeit. Wenn jede Minute eine Gondel kommt, hat man keine Verluste beim Einsteigen. Wenn man aber mit einem Bus zur Seilbahn fährt (Takt bspw. 15 Minuten) um nach der Seilbahnfahrt erneut auf eine Straßenbahn zu warten (Takt 7,5 Minuten), sind diese Zeitvorteile verpufft. Die Gesamtreisezeit mit der Straßenbahn wird alleine deshalb schneller sein, weil man bis zum Luisenplatz oder Hauptbahnhof durchfahren kann.

Seilbahnmasten mit 65 Meter Höhe wirken in der Landschaft ähnlich wie Stromtrassen oder Windräder.
Könnte man Windräder flach auf dem Boden bauen, wären die Grünen dafür. Die Straßenbahn kann ich auf dem Boden bauen. Straßenbahnen haben einen Kurvenradius von 30 Metern und können nah an die Wohnbebauung herangeführt werden. Seilbahnstationen nicht.

In Seilbahnen kann man mit Kinderwagen und Fahrrad leicht einsteigen. Wenn man vorher am Aufzug Schlange gestanden hat.
Seilbahnstationen sind entweder ebenerdig – dann braucht man enorm viel Raum für die abgehenden Gondeln. Oder man muss mit einer Treppe oder einem Aufzug nach oben steigen. Dann gibt es Wartezeiten wie an den Aufzügen des Darmstädter Hauptbahnhofes. Und apropos Kinder, Mütter, Menschen mit Behinderung und Senioren: In den Gondeln bin ich mit meinen Mitreisenden immer alleine. In der Straßenbahn schafft die Anwesenheit von Fahrpersonal mehr Sicherheit gegen Bedrohungsängste.

Eine Seilbahn ist schnell zu bauen. Wenn sich die betroffenen Grundstückeigentümer nicht wehren.
Wie funktioniert eine Seilbahn in Roßdorf ohne über besiedelte Gebiete zu fliegen? Wenn die Seilbahn dort hält, wo die Menschen wohnen und arbeiten, dann sind durch die Überfahrt auch zahlreiche Privateigentümer betroffen (siehe Variante 2 der Studienarbeit). Derzeit ist rechtlich völlig ungeklärt, ob die Betroffenen bei einem Planfeststellungsbeschluss Anspruch auf Entschädigung hätten. Mit Entschädigungsforderungen wäre zu rechnen. Die rechtliche Abarbeitung erfolgt ähnlich wie bei Enteignungsverfahren. Was nützt eine schnelle Bauzeit, wenn man vorher 10 Jahre Gerichtsprozesse für das Baurecht führen muss? Wenn man die Seilbahn jedoch elegant um den besiedelten Bereich herum führt (Varianten 1 + 3) – wo ist dann der Vorteil gegenüber der Straßenbahn?

Die Seilbahn ist ganz leise. Im Wald.
Straßenbahnen rauschen beim Vorbeifahren und knarzen in den Kurven. Für wenige Sekunden in der Vorbeifahrt. Die Seilbahn ist ganz leise – aber nicht bei Antrieb und Umlenkung. Die Seilbahnstationen produzieren ständige Geräusche. Dies betrifft zwar wenige Menschen, dafür während der gesamten Betriebszeit. Diese Betroffenen werden sich voraussichtlich wehren – oder die Seilbahnstation rückt noch weiter ab von Wohnungen.

Seilbahnen werden überall in Deutschland und Europa geplant. Und genauso oft verworfen.
Erst vor wenigen Wochen ist ein Seilbahnprojekt in Wuppertal nach langer Planung offiziell zu Grabe getragen worden. Nirgendwo in Deutschland ist eine Seilbahn in der Größenordnung von Darmstadt – Groß-Zimmern in die Realisierungsphase gekommen. Die Ursache dafür ist nicht fehlender Mut, sondern ein kühles Abwägen der Vor- und Nachteile.

Fazit: Seilbahnen sind faszinierende Verkehrsmittel. Seilbahnen werden überall in der Welt eine große Zukunft haben, wenn dort die Stärken der Seilbahn zum Zuge kommen können. Auf der Strecke Darmstadt-Lichtwiese zum Real-Markt in Groß-Zimmern ist die Straßenbahn im Systemvergleich deutlich überlegen. Im bevorstehenden harten Faktenvergleich wird sich die Straßenbahn voraussichtlich durchsetzen.

Für den Kreisvorstand
Susanne Hoffmann-Maier, Kreisgeschäftsführung

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