Antrag: Unfair und antiquiert: Keine Straßenbeitragssatzung

Die Kommunalaufsicht verlangt von der Stadt, eine Straßenbeitragssatzung einzuführen. Damit müssen sich bei einer grundhaften Erneuerung einer Straßen, die betroffenen Anlieger über Beiträge an der Finanzierung beteiligen. Der Magistrat schlägt eine mildere Variante vor, alle Grundstückseigentümer eines Stadtteils über wiederkehrende Straßenbeiträge heranzuziehen und damit die Kosten auf mehr Schultern zu verteilen.

Straßenbeiträge sind antiquiert!

Das Instrument der Straßenbeiträge stammt aus dem Gesetzt über kommunale Abgaben (KAG) und es ist bei der Einführung des doppischen Haushaltsrechts schlichtweg übersehen worden, sie aus dem KAG zu streichen.

Mit der Einführung der Doppik wurde zum ersten Mal der Besitz der Stadt in Form von Grundstücken, Gebäuden und eben Straßen erfasst und dessen Wert ermittelt. Jahr für Jahr muss die Wertminderung, die dieser Besitz durch Abnutzung erfährt, in Form von Abschreibungen im Haushalt eingestellt und über Steuereinnahmen finanziert werden. Damit soll der kontinuierliche Werterhalt unter anderem auch der Straßen gesichert werden.

Das Instrument der Straßenbeiträge stammt noch aus dem alten Haushaltsrecht, als es die Abschreibungen nicht gab. Wenn dann, wie aus heiterem Himmel, eine Straße plötzlich kaputt war, mussten die Anlieger sich beim Neubau ihrer Straße finanziell beteiligen. Straßenbeiträge passen nicht in die Systematik des doppischen Haushaltsrechts!

Straßenbeiträge sind unfair!

Die Forschungsanstalt für Straßen und Verkehrswesen hat einen durchschnittlichen Betrag von 1,12 Euro pro Quadratmeter Straßenfläche und Jahr ermittelt. Das macht für die Straßen Groß-Umstadts einen jährlichen Unterhaltsbedarf von 856.156 Euro aus. Die Abschreibung liegt in ähnlicher Höhe: 844.044 Euro. Tatsächlich liegen die Haushaltsmittel von 489.500 Euro im Jahr 2009 bis 372.000 Euro im Jahr 2013 deutlich darunter. Für die Jahre 2014 bis 2016 verzichtet der Bürgermeister darauf, die genaue Höhe der Straßenunterhaltung im Haushalt auszuweisen. Einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 20.02.2014, ausreichende Mittel in den Haushalt einzustellen, hat der Magistrat missachtet.

Mit dieser deutlichen Unterfinanzierung ist absehbar, dass immer mehr Straßen schlechter werden und in absehbarer Zeit einer grundhaften und damit beitragspflichtigen Erneuerung bedürfen. Das ist unfair!

Der Bürgermeister hat bereits angekündigt, die Straßenbeitragssatzung nach einem erfolgreichen Haushaltsausgleich in den kommenden Jahren wieder abzuschaffen. Das heißt, alle Grundstückseigentümer in der Kernstadt, in Richen und Heubach haben halt Pech gehabt und müssen wiederkehrende Straßenbeiträge zahlen; die in den anderen Stadtteilen müssen es nicht – Glück gehabt. Das ist willkürlich und unfair!

Grundstückseigentümer sollen mit den Straßenbeiträgen jetzt ein zweites Mal zur Kasse gebeten werden. Über die Abschreibung sind die Kosten für den dauerhaften Unterhalt und eine zukünftige Erneuerung ja bereits einmal über Steuern, u.a. auch die Grundsteuer B finanziert worden. Nach dem die Straßen durch unterlassene Unterhaltung so schlecht geworden sind, dass sie grundhaft erneuert werden müssen, sollen sie die jetzt ein zweites Mal über Straßenbeiträge bezahlen. Nach der geltenden Rechtsauffassung dürfen Straßenbeiträge im Gegensatz zur Grundsteuer nicht auf die Miete umgelegt werden. Auch deshalb sind Straßenbeiträge unfair!

Deshalb ist es wichtig und richtig, wenn sich die Stadtverordnetenversammlung dem Diktat der Kommunalaufsicht widersetzt und gegebenenfalls auch einen Rechtsstreit riskiert. Ein Instrument, das nicht ins System passt und das auch dann noch eine falsche Lenkungswirkung erzielt, gehört abgeschafft.

Deshalb stellt die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN folgenden Antrag:

  1. Die Stadtverordnetenversammlung weist das Diktat der Kommunalaufsicht zurück und lehnt den Erlass einer Straßenbeitragssatzung ab.
  2. Der Magistrat wird aufgefordert, im Haushalt sicher zu stellen, dass im Produkt 12.01.01 „öffentliche Verkehrsflächen“ ein Betrag für die Straßenunterhaltung in Höhe der Abschreibung eingestellt wird.
  3. Die im Doppelhaushalt 2015/2016 ausgewiesenen Straßen zur grundhaften Erneuerung werden ab 2016 saniert. Die Finanzierung erfolgt zunächst durch Kredite, mittelfristig durch Haushaltsüberschüsse nach erfolgreichen strukturellen Reformen.

Begründung

Mit der Einführung der Doppik werden im Haushalt Abschreibungen für die vorhandenen öffentlichen Straßenflächen ausgewiesen. Die Summe der Abschreibung entspricht fast genau dem durchschnittlichen Erhaltungsbedarf von 1,12 € je Quadratmeter und Jahr, der von der Forschungsanstalt für Straßen- und Verkehrswesen angegeben wird. Damit ist ein nachhaltiger Erhalt aller öffentlichen Straßen gewährleistet.

Das Instrument der Straßenbeiträge nach KAG entstammt noch aus der Vorzeit, als die kommunalen Haushalte noch kameral geführt wurden. Der Werteverzehr durch Abnutzung wurde im kameralen Haushalt nicht dargestellt, so dass über Straßenbeiträge zusätzliche Mittel von den Anliegern erhoben werden mussten, um eine grundhafte Erneuerung der Straßen finanzieren zu können.

Der Bürgermeister hat in verschiedenen Stellungnahmen bereits angekündigt, die jetzt zu beschließende Straßenbeitragssatzung nach einem erfolgreichen Haushaltsausgleich schnellstmöglich wieder aufheben zu lassen. Damit werden aber nur Bürgerinnen und Bürger zu wiederkehrenden Straßenbeiträgen herangezogen, die in dieser Übergangszeit von wenigen Jahren in einem Stadtteil wohnen, in dem grundhafte Erneuerungsmaßnahmen durchgeführt werden. Das aber ist willkürlich und durch den Gleichbehandlungsgrundsatz nicht gedeckt.

Die Stadt Groß-Umstadt sollte den Konflikt mit der Kommunalaufsicht nicht scheuen. Auch wenn das Instrument der Straßenbeiträge über das KAG gesetzlich festgeschrieben ist, sollte es dennoch als systemwidrig erkannt und abgelehnt und dieser Anspruch auch vor Gericht durchgesetzt werden.

Voraussetzung dafür ist allerdings, dass wir als Stadtverordnetenversammlung ausreichend Mittel für eine kontinuierliche Unterhaltung unserer Straßen zur Verfügung stellen. Das hat die Stadtverordnetenversammlung bereits am 20.02.2014 beschlossen. Als ausreichend ist ein Betrag in Höhe der jährlichen Abschreibung anzusehen, vor allem, da er fasst mit dem Richtwert der Forschungsanstalt für Straßen- und Verkehrswesen übereinstimmt. Es ist schon eine arge Zumutung, über Jahre hinweg die Mittel für di Straßenunterhaltung weit unter dem notwendigen Ansatz zu lassen und damit in Kauf zu nehmen, dass sich der Zustand immer weiterer Straßen dramatisch verschlechtert und sie in absehbarer Zeit grundhaft erneuert werden müssen. Das stellt eine verkappte Steuererhöhung dar, die allerdings nur die betroffenen Anlieger trifft. Fair ist es, bei dem von der Stadt eingeschlagenen Weg zu bleiben und die notwendigen Mittel über die Grundsteuer B zu beschaffen.

Zusätzlich belastet die temporäre Einführung die Verwaltung zusätzlich und generiert Kosten, die vermeidbar sind. Des Weiteren sind unnötige Diskussionen und Auseinandersetzungen, auch gerichtlicher Art mit den Bürgerinnen und Bürger zu erwarten.

Da bereits im Haushaltsjahr 2016 ein Haushaltsausgleich erzielt wird, können dann Kredite für die noch ausstehenden grundhaften Erneuerungen – wenn sie denn noch nötig sein sollten – aufgenommen werden, um die Versäumnisse der Vergangenheit zu bereinigen ohne die Bürgerinnen und Bürger erneut zur Kasse zu bitten. Mittelfristig kommt die Straßenunterhaltung in der Regel ohne Kredite aus.

Ein Beschluss der Straßenbeitragssatzung und des vorgelegten Haushaltes ist aber grundsätzlich abzulehnen. Der zuletzt mit einer halben Millionen Euro unterfinanzierte Etat für die Straßenunterhaltung wird weitere Straßen in die grundhafte Erneuerung treiben und damit eine Aufhebung der Straßenbeitragssatzung zunehmend unwahrscheinlich machen.

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